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Veröffentlicht 05. Januar 2022

Mehr Gelassenheit wagen

  • Bild: Pexels auf Pixabay
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Mir fällt in letzter Zeit immer wieder ein Bild aus einem hervorragenden Cartoon von Charles M. Schulz ein. Der leicht depressive Charlie Brown sitzt mit Snoopy am Hafen und schaut auf das Meer hinaus. Er sagt: «Eines Tages werden wir alle sterben.» Snoopy erwidert: «Stimmt. Aber an allen anderen Tagen nicht.»

Ich stelle fest, dass uns mehr und mehr eine gewisse Gelassenheit verloren geht. Viele Menschen ziehen sich auf Extrempositionen zurück, die eine Diskussion miteinander verunmöglichen. Sei es bei der Pandemie, bei Gender-Fragen, bei der Ehe für alle und bei vielen anderen gesellschaftlichen Fragen. Schaut man sich manche vor Wut rasenden Kommentare in sozialen Medien oder in den Kommentarspalten von Newsportalen an, ist man geneigt, ein wenig den Glauben an die Vernunft zu verlieren.

Vernunft, Voraussicht und Planung sind es doch, die eine fortschrittliche Gesellschaft ausmachen. Und die Fähigkeit, unterschiedliche Standpunkte miteinander zu diskutieren. Dies wird zunehmend schwierig, denn mit Menschen, die Corona als Weltverschwörung einer bestimmten elitären Klasse sehen, die Impfung als versuchten Genozid und Massnahmen, welche uns alle schützen, als Beginn einer Diktatur, wird die Diskussion wahrscheinlich nicht mehr gelingen.

Wir müssen versuchen, noch die Menschen zu erreichen, die Ängste, Bedenken und Unsicherheit verspüren gegenüber einer Impfung, die unbestritten auch Nebenwirkungen haben kann, deren Wirksamkeit aber wissenschaftlich unbestritten ist. Es darf alternative Meinungen geben. Diese sind in einer Gesellschaft notwendig. Es gibt aber keine alternativen Fakten. Und die Fakten sind glasklar.

Was ich mir für 2022 wünsche?

Dass wir alle wieder etwas mehr von dieser Gelassenheit an den Tag legen. Wieder miteinander diskutieren und einander zuhören. Wieder versuchen, mit Argumenten zu überzeugen und herabwürdigende Äusserungen, Posts und Tweets zu unterlassen. Wenn wir dies wieder lernen könnten und den Riss in der Gesellschaft wieder kitten könnten, wäre 2022 viel erreicht.

Ausserdem wäre das eine oder andere Rockkonzert schön, der Besuch eines mit 50 000 Zuschauern ausverkauften Fritz-Walter-Stadions in Kaiserslautern und ein Fussballweltmeister Schweiz, wenn es nicht schon Deutschland wird.

Dr. med. Michael Kettenring

 


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